Merksätze

Vorwort

Jeder, der sich schon einmal mit dem Klettern im Pfäzer Wald auseinander gesetzt, oder auch nur einen der Topo-Führer gewälzt hat, wird schon auf die Gebrüder Mann gestossen sein. “Theo-Weg oder -Turm”, “Fritz-Mann Kamin”, zeugen von ihrem Wirken und sind auch heute noch anerkannte “Testpieces”, die einiges an Können und Mut verlangen. Als Gründungsmitglieder der Pfälzer Kletterer haben die Manns den Pfälzer Klettersport, insbesondere in den 1920er Jahren, aber auch danach, wesentlich mitgeprägt.

Ein schönes Zeitdokument sind dabei ihre “Merksätze”, die auch heute noch Anlass zum Nachdenken geben. Auch wenn sich manches heute etwas “schräg” anhört, so wird durchaus schon klar, dass es ihnen eben immer auch um das “Wie” und nicht nur um das “Was” der sportlichen Leistung ging. Ein Gedanke, der sicher auch heute noch von wesentlicher Bedeutung für den Klettersport ist.

Lässt etwa die x-te Begehung einer beliebigen Sportklettertour, auch in den höchsten Graden, noch jemanden aufhorchen? Oder sind es nicht eher die Leistungen, die “hervorragend” sind, die mehr auf das “Wie” geachtet haben? So etwa die Expedition “by fair means” mit dem Segelschiff nach Grönland, die Caro North auf unserer letzten Vortragsveranstaltung so eindrücklich präsentiert hat.

Neben der äußerst strikten “von unten” Kletterethik, beeindrucken auch heute noch die Gedanken zu Natur- und Felsschutz, der eben das Manipulieren von Routen aussschließt und Rücksicht auf die Natur und ihre Naturdenkmäler einfordert. Das in einer Zeit, weit vor dem lokalen Aussterben und der Wiederansiedlung etwa des Wanderfalken.

Das sind für die damalige Zeit sicher “radikale” Gedanken, die auch heute noch Gültigkiet haben und in deren Tradition sich die PK auch heute noch sieht.

Wie sagte doch ein neuerer “radikaler” Kletterer:

„How you climb a mountain is more important than reaching the top.“

Yvon Chouinard


MERKSÄTZE FÜR DEN JUNGEN PFÄLZER KLETTERER

Von Theo u. Fritz Mann
Ludwigshafen am Rhein

Wenn Sie ein Kletterer werden wollen, so müssen Sie wissen, daß das Klettern ein ebenso schöner, wie gefahrvoller Sport ist, welcher die höchsten Anforderungen an Kraft, Gewandtheit und Schneid an Sie stellt und ebenso wie jeder andere Sport auf Höchstleistung zielt.

  1. Betrachten Sie die Felsen nicht als ein Klettergerüst um an denselben unverständigen Zuschauern eine Seiltänzerei vorzuführen, sondern achten Sie die Felsen höher und den Klettersport erhabener.
  2. Suchen Sie sich mit gleichgesinnten zuverlässigen Kameraden zuerst an leichteren Felsen die Technik des Kletterns durch eifrige Übungen zu erwerben, welche Sie bei schwierigen Partien unbedingt besitzen müssen.
  3. Fühlen Sie sich bei schwierigen Partien sicher und haben Sie dabei den echten erhabenen Genuß des Kletterns „Frei ohne jede Befangenheit" dann erst können Sie sich mit Stolz Kletterer nennen.
  4. Setzen Sie nie sich und Ihre Kameraden unnötig in Gefahr indem Sie Partien angehen, zu denen Ihre Übung nicht ausreicht.
  5. Zeigen Sie bei sehr schwierigen Stellen keinen falschen Ehrgeiz dass Sie glauben dieselben unbedingt bezwingen zu müssen sondern lernen Sie Zurückgehen.
  6. Zeigen Sie aber auch in anderen Fällen einen klettersportlichen Schneid und ein sicheres Draufgängertum, welches Sie erst zum vollendeten Meister des Klettersports macht.
  7. Der Ehrgeiz und das Streben des Kletterers muß dahin gehen, die Felsen so zu erklettern wie sie uns die Natur erschaffen hat. Erst wenn lhnen der Fels absolut kein Weiterkommen mehr bietet. können Sie ein Hilfsmittel anwenden, das Sie vor allen Kletterfreunden verantworten müssen.
  8. Bei Aufstiegen, die schon vor Ihnen und ohne Hilfsmittel durchgeführt wurden, darf es Ihr sportliches Ehrgefühl nicht zulassen durch Verwendung von Hilfsmitteln lhre eigenen Leistungen herabzusetzen, sondern lhr Ziel muß sein, wie bei jedem Sport, die Leistungen noch zu verbessern.
  9. Beim Angehen von neuen Aufstiegen seien Sie fair, daher werden Sie nicht zuvor die Schwierigkeiten des Aufstieges von oben ausprobieren und sichern, was Sie nicht selbst befriedigen kann und lhnen die Anerkennung von den ehrlichen Kletterern sowie in der Ersteigungsgeschichte versagt wird.
  10. Bedenken Sie, dass noch viele Generationen nach ihnen kommen, welche ebenso wie Sie ihre Freude und ein Recht auf die natürlichen Felsen haben, daher verschänden Sie dieselben nicht durch unnötiges Hauen, Meiseln und Abbrechen, sondern helfen Sie mit zur Erhaltung dieser Naturdenkmäler.
  11. Das mutwillige Hinabstürzen von Steinplatten vom Gipfel. sowie das unnötige Umbauen und Vergrößern der Steinmänner führen gleichfalls zur Zerstörung der Felsen. Sie werden dies selbst nicht tun und anderen müssen sie es verbieten.
  12. Die verschiedenen Falken sind wie der Fels ein Naturdenkmal, daher ist das unwürdige Ausrotten derselben ein Verbrechen an der Natur, Für Sie müssen diese Könige der Felsen eine Augenweite sein und nur des Jägers oder Försters Sache ist es eine größere Vermehrung zu verhindern.
  13. Schonen Sie die mit großer Mühe und Kosten angelegten Gipfelbücher und Hülsen und verwahren Sie dieselben nach lhrer Eintragung gut und geschützt im Steinmann.
  14. Als Kletterer und Naturfreund achten Sie auf Reinlichkeit der Rastplätze an den Felsen und lassen Sie kein Papier, Konservendosen, Flaschenscherben und der gleichen zurück.
  15. Machen Sie mit Ihrer Kleidung. Seil und sonstiger Ausrüstung keine Maskerade, sondern passen Sie sich darin dem Ernst des Klettersportes an.
  16. Als Mitglied der Vereinigung der pfälzischen Kletterer fördern und unterstützen Sie unseren schönen Klettersport, damit wir alle mit Stolz unser immergrüner Kletterefeu auf seinem reinen, weißen Grund tragen können.

FELS HEIL!


Soweit die Manns in den 1920ern, Klettern sah damals übrigens in etwa so aus:

Kletterpartie am Asselstein (Ostwand) vor ca. 100 Jahren, Foto: PK, Archiv Mann

Wer die Asselstein Ostwand kennt, weiss, daß -speziell mit den damaligen “Sicherungs"methoden- in der Tat einiges an “Schneid” nötig war um dort einzusteigen.

  • im Frühjahr 2023, Rüdiger Sonntag, Präsident der PK