Vogelschutz in der Pfalz

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Vogelschutz in der Pfalz - es geht auch anders

Position der PK zur Badener Wand

Blick von der Badener Wand, Herbst 2022

Aktuelle Situation am Battert

Seit Anfang des Jahres kann die Situation an der Badener Wand nur als “Das Kind ist in den Brunnen gefallen” bezeichnet werden.

Trotz aller Proteste von Klettererseite hat das Regierungspräsidium Karlsruhe an seiner Rechtsposition festgehalten, und die einmal bestimmte “Regelung” jetzt unmittelbar und brachial mit der Flex umgesetzt.

Somit sind:

  • alle Haken an der Wand entfernt worden
  • auch die oberhalb befindliche, historische Brücke “rückgebaut” worden
  • ein Kletterverbot für die nächsten fünf Jahre in Kraft gesetzt worden

Leider wurde im Vorfeld kein Monitoring in Betracht gezogen, das den vermuteten Einfluss des Menschen erst einmal bestätigt hätte. Ein solches soll erst jetzt in den nächsten fünf Jahren erfolgen, wobei die Aussagekraft hier sicher nur eingeschränkt sein wird, bei einer Stichprobe von lediglich einem Brutplatz.

Neben dem -unbestrittenen- Einfluss des Menschen, gibt es erwiesenermassen andere Einflüsse auf den Bruterfolg, insbesondere Predation durch Raubtiere und -vögel, wie dem Waschbär, oder dem Uhu, gut dokumentiert, zum Beispiel im Lambrechter Steinbruch durch eine Wildkamera. Aber auch äussere Einflüsse wie das Wetter und das Nahrungsangebot im Allgemeinen haben einen messbaren Einfluss, der auch in der Pfalz schon so manche Brut zunichte gemacht hat, trotz aller Schutzbemühungen.

Wir als Kletterer sehen diese Entscheidung daher sehr kritisch, gerade da mit der Badener Wand eine der wenigen wintertauglichen, lokalen Klettermöglichkeiten in Baden Württemberg wegfällt. Aus unserer Sicht stellen sich da mehrere Fragen, die vom Regierungspräsidium bisher nur unzureichend oder gar nicht beantwortet wurden:

  1. Ist die Regelung das mildeste Mittel um den Schutzzweck zu erreichen?
  2. Ist diese überhaupt geeignet den Schutzzweck zu erreichen?
  3. Wie geht es im Anschluß weiter, welches neutrale Gremium entscheidet über eine Anschlußregelung?

Diese Fragen werden jetzt leider nur gerichtlich geklärt werden können, was auf beiden Seiten nicht unerheblichen Aufwand an Zeit und Geld erfordert, die aus unserer Sicht besser hätten investiert werden können, etwa in Aufklärung und Naturschutz vor Ort.

Nachdem nun so viel Porzellan zerschlagen wurde, ist es fraglich, ob die Vorgehensweise des Regierungspräsidiums der Sache des Naturschutzes dienlich ist. Unserer Erfahrung in der Pfalz nach kommt es bei der Akzeptanz von Sperrungen zum Vogelschutz sehr auf die Nachvollziehbarkeit, die fachliche Begründung der Regelung und den offenen Dialog mit allen Beteiligten an.

Es besteht die Gefahr, dass die Kletterer dem Naturschutz entfremdet werden und daher die Regelung langfristig eher das Gegenteil ihres eigentlichen Zieles erreicht.

Vogelschutz an den Kletterfelsen der Pfalz

erfolgreiche Brut in Lambrecht, Foto: Dr. Thomas Schaub

Seit mehr als 30 Jahren gibt es in der Pfalz eine aktive Zusammenarbeit im Rahmen des Arbeitskreises Klettern und Naturschutz mit dem Naturschutzbund (Nabu), der Aktion Wanderfalken- und Uhuschutz e,V.(AWU), den Pfälzer Kletterern (PK), den Unteren Naturschutzbehörden (UNB, Teil der Kreisverwaltungen), dem Deutschen Alpenverein (DAV) und weiteren lokal Aktiven. In der Fachgruppe Vogelschutz wird Jahr für Jahr, basierend auf den Ergebnissen der vorherigen Brutsaisons, abgestimmt und beschlossen, an welchen Felsen im Pfälzer Wald eine Sperrung zur Sicherung des Horstes zu Beginn und während der Brutzeit vorgenommen wird.

Die Ergebnisse dieser Arbeit, dokumentiert seit 1986 in der Anzahl der beobachteten Bruten an über 70 Brutplätzen, können sich dabei sehen lassen. Wanderfalke und Uhu gelten mittlerweile in Rheinland Pfalz in ihren Beständen als gesichert und sind etwa auch nicht mehr auf der roten Liste des Nabu RLP verzeichnet.

Ein schöner Erfolg der gemeinsamen Naturschutzarbeit!

Dabei hat sich über die vielen Jahre gezeigt, daß zeitlich befristete Sperrungen hinreichend für den Bruterfolg sind, gerade wenn die Bruten von einem engen Monitoring in Form von Horstbewachungen, punktuellen Beobachtungskampagnen und Wildkameras begleitet werden.

Eine große Gruppe von Freiwilligen aus den beteiligten Verbänden, speziell vom Nabu, der AWU und der PK ist vor, während und nach der Brutzeit im Wald unterwegs. Neben der Beobachtung der Horste werden Wege umgeleitet, die Sperrschilder angebracht und entfernt, gegebenenfalls umgehangen und viel Zeit investiert, um eine Beruhigung an den Horsten zu erzielen.

Es wurden sogar schon seitens der Kletterer vom Fels abgestürzte Küken in Abstimmung mit der Naturschutzbehörde erfolgreich gerettet und ins Nest zurückgebracht (so geschehen mit einem von insgesamt vier Wanderfalken-Jungvögeln 2014 am Asselstein).

Die meisten Meldungen neuer Bruten kommen mittlerweile von Kletterern, wie zum Beispiel 2019 an der Steiner Nadel, wo auf dem Gipfel eine neue Uhubrut entdeckt wurde. Der eingespielte Ablauf zur Beruhigung der Situation ist dann:

  1. Meldung an die PK per Mail an den AKN Leiter oder per Telefon
  2. Weitermeldung an die zuständige Behörde
  3. vor Ort Begutachtung, wenn nötig
  4. ggf. Abstimmung mit Nabu
  5. Sperrung vor Ort (Schilder)
  6. Publikation im Internet

Maßgeblich ist dabei die Beschilderung vor Ort.

Die Sperrsaison 2023

Seit dem 1.2. sind dieses Jahr ca. 40 Felsen für den Klettersport gesperrt. Das Anbringen der Sperrschilder erfolgt dabei, koordiniert durch die Fachgruppe Vogelschutz im Arbeitskreis Klettern und Naturschutz (AKN), durch zahlreiche ortskundige Helfer aus Naturschützern und Kletterern.

Die Liste der gesperrten Felsen ergibt sich dabei aus den detaillierten Beobachtungen aus dem Vorjahr und wird in mehreren Sitzungen der Fachgruppe Vogelschutz des AKN diskutiert und im Konsens festgelegt. Zu Begin der Sperrsaison, wie gerade geschehen, wird die Sperrliste allgemein zugänglich (s.o.), veröffentlicht und dient für alle als Referenz.

Die offiziellen Sperrschilder

Dabei ist die Sperrliste nicht statisch, sondern kann sich, wenn es denn geboten ist, verändert werden, etwa wenn eine neue Brut an einem Felsen gemeldet wird. Auch Teilsperrungen wegen nicht streng geschützter Arten finden regelmässig Aufnahme, aber auch eine vorzeitige Entsperrung kann durchaus vorkommen.

=> Es lohnt sich also immer, bei der Planung von Touren im Pfälzer Wald, kurz vorher einen Blick auf die Liste zu werfen. Diese wird regelmässig aktualisiert.

Beobachtungen / Monitoring

Für die diesjährige Saison haben wir uns als PK zum Ziel gesetzt, verstärkt mit Beobachtungen vor Ort die stattfindenden Bruten zu beobachten. Dies hat in der Pfalz eine jahrzehntelange Tradition, die leider ursprünglich eine bittere Notwendigkeit war. Gerade seit Beginn der Wiederansiedlung kam es immer wieder zu Vergiftungen und sogar Eierdiebstahl, gerade an Horsten des Wanderfalken. Einige Horste werden daher sogar zeitlich durchgehend von Naturschützern und Klettern beobachtet und der Bruterfolg dokumentiert, was einiges an Aufwand, Zeit und Material bedeutet.

...es wird auch zurückbeobachtet, Foto: PK

Vor Ort wird im Bauwagen übernachtet und der Horst mittels Spektiv (Teleskop zur Wildbeobachtung) aus sicherer Entfernung überwacht. Die Beobachtungen werden dabei in einer Datenbank dokumentiert und dienen als zuverlässige Datenbasis für die Beurteilung der Brutsaison und als objektive Grundlage für die Sperrungen im nächsten Jahr.

Entwicklung des Wanderfalken in der Pfalz, Quelle: AKN

Der Verlauf der Bruten über die Jahre zeigen dabei sehr schön die Wiederbesiedlung des Pfälzer Waldes mit dem Wanderfalken. Anfangs stiegen die Zahlen gleichmässig, bis sie sich Mitte der 1990er Jahre auf einem Niveau einpendelten und seitdem in etwa gleich bleiben, und um einen Mittelwert von etwa 29 Jungfalken im Jahr.

Um den Aufwand, der hier von zahlreichen Aktiven geleistet wird einmal zu verdeutlich: Allein für die Saison 2022 sind über 700 Beobachtungen von Seiten Nabu, AWU und PK eingeflossen.

Damit wir zur weiteren Verbesserung der Datenlage beitragen können, haben wir als PK dieses Jahr ein weiteres Spektiv, zusätzlich zu den beiden bereits im Bestand, angeschafft und werden uns verstärkt in der Beobachtung engagieren.

Fazit

Festzuhalten bleibt, daß die Wiederansiedlung des Wanderfalken in der Pfalz nur durch Akzeptanz auf breiter Basis, in Bevölkerung und bei den Kletterern, gelungen ist.

Weder die Naturschutzverbände, wir als Kletterer, oder die Behörden, haben die Mittel flächendeckend alle Horste in der Pfalz weiträumig zu überwachen, und alle Störungen auszuschliessen. Dem Natur- und Vogelschutz ist daher am besten gedient, wenn entsprechende Regelungen auf breiter Akzeptanz und Einsicht in deren Notwendigkeit basieren.

Die Sperrung am Battert erscheint uns aus fachlicher Sicht als reiner Kantersieg, bei der zweifelhaft ist, ob sie langfristig dem Vogelschutz nutzt. Unsere Strategie in der Pfalz bleibt daher, nach wie vor:

  • aktive Mitarbeit im Vogelschutz vor Ort
  • das Gespräch mit allen suchen
  • gemeinsam abgestimmt die beste Lösung finden
  • diese dokumentieren und in die Öffentlichkeit tragen

Vielleicht sind Felssperrungen irgendwann ja in der Tat nicht mehr notwendig, wenn sich der Bestand des Wanderfalken und anderer bedrohter Arten auf breiter Fläche erholt und stabilisiert hat, was in Zeiten von Klimawandel und immer engeren Lebensräumen aber äußerst zweifelhaft ist.

Solange das nicht der Fall ist, werden wir weiter im Interesse des Vogelschutzes aktiv bleiben, da für uns Naturschutz und Natursport gerade kein Widerspruch sind. Haben wir durch den Aufenthalt in der Natur nicht alle deren Schönheit erst schätzen gelernt?

Diese intensive Naturerfahrung beim Klettern, motivieren immer wieder neu, uns für den Erhalt und den Schutz derselben einzusetzen.

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