Kuseler Symposium: Naturschutz und Natursport
Im folgenden die offizielle Pressemitteilung: (>PDF-Version)
Gewinnbringende Begegnung von Naturschützern und Natursportlern
Zum fünften Mal luden die POLLICHIA und das Pfalzmuseum für Naturkunde -? POLLICHIA-Museum zum Symposium ‘Natur ist Vielfalt’ auf Burg Lichtenberg bei Kusel ein. In diesem Jahr lautete das Tagungsthema ‘Naturschutz und Natursport’. Mitveranstalter waren, wie schon in den Jahren zuvor, der NABU Landesverband Rheinland-Pfalz und die Technische Universität Kaiserslautern. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass das Symposium einen wichtigen Beitrag zur Kommunikation und dem Verständnis füreinander darstellte. Naturschützer und Natursportler müssen vorurteilsfrei und mit hoher Akzeptanz füreinander aufeinander zugehen und Allianzen schließen, wo immer es möglich ist.
Den Auftakt der Vortragsveranstaltung gestaltete Dr. Ulrike Schuckert, Wissenschaftlerin und freischaffende Landschaftsplanerin aus Ludwigsburg, die über Natursport und dessen Chancen, Risiken und Nebenwirkungen für die Natur und die Landschaft referierte. Egal welche Sportart wir uns in diesem Zusammenhang anschauen, Wandern, Radfahren, Klettern, Golfen oder Skaten, es gibt weder generell verträgliche noch generell unverträgliche Natursportarten. Eines ist sicher, so Schuckert weiter, der Schwund der Artenvielfalt und Lebensräume in unserer Landschaft ist keineswegs maßgeblich durch die Ausübung von Natursportarten bedingt, sondern hat vielfältige andere Ursachen. Die Natursportarten gilt es durch entsprechende Vorplanungen und Steuerungen so zu lenken, dass Störungen der Natur möglichst gering gehalten werden. Schuckert sieht im Natursport einen wertvollen Partner, wenn es darum geht, Akzeptanz und Verständnis für die Belange des Naturschutzes bei der Bevölkerung zu fördern. Immerhin sind es bundesweit mindestens 15 Millionen Menschen, die regelmäßig die Natur zur Ausübung verschiedener Sportarten aufsuchen. Mit ihnen in Kontakt zu kommen, um ihnen Werte des Naturschutzes zu vermitteln, ist eine vordringliche Aufgabe.
Das Thema ‘Kommunikationspfade’ war dem entsprechend auch ein zentrales Thema der Veranstaltung. Einen intensiven Austausch zwischen Natursportlern und Naturschützern, wie es ihn zum Beispiel schon seit vielen Jahren und mit erkennbarem Erfolg zwischen pfälzischen Kletterern und Naturschützern gibt, ist auf breiter Front erforderlich. Einmal mehr diskutierten auch beim Kuseler Symposium Naturforscher und -schützer, vertreten durch Hans Dieter Zehfuß und POLLICHIA-Geschäftsführer Dr. Oliver Röller, mit Vertretern des Pfälzischen Kletterverbandes, vertreten u.a. durch deren zweiten Vorsitzenden Peter Weinrich aus Wernersberg. Neuere Erkenntnisse zur Auswirkung des Klettersports auf Flora und Fauna der Buntsandsteinfelsen im südlichen Pfälzerwald wurden ausgetauscht. Heinz Illner, Präsident der Vereinigung der Pfälzer Kletterer, wies darauf hin, dass das Interesse am Naturschutz bei ihnen und ihren Kollegen im Allgemeinen sehr groß ist. Die Vertreter von POLLICHIA und Pfälzer Kletterern erklärten beiderseits Absichten, den Austausch künftig weiter zu intensivieren.
Von größtem Interesse waren in diesem Zusammenhang die Ausführungen von Sebastian Tomczyk vom Institut SANU (Schweizerische Ausbildungsstätte für Natur- und Umweltschutz), einem Dienstleistungsunternehmen im Umweltbereich mit Schwerpunkt Bildung für nachhaltige Entwicklung. Tomczyk ist u.a. in der Ausbildung von Naturschutzbeauftragten im Jugendbereich des Deutschen Alpenvereins tätig. SANU bemüht sich in der Schweiz u.a. intensiv darum, nicht nur die Natursportler, die in Vereinen organisiert sind, in Naturschutzfragen zu schulen, sondern auch die zunehmend wachsende Gruppe der nicht organisierten Individualsportler für den Naturschutz zu sensibilisieren. Dies kann z.B. über eine Qualifizierung der Ausstattungshändler erfolgen, die dann, sozusagen als Serviceleistung, an ihre Kunden Naturschutzinformationen weiter geben. Ein Modell, das auch in Deutschland Schule machen könnte!
Fairer und offener Umgang mit Informationen sind wesentliche Punkte für gegenseitige Akzeptanz und die Basis für die Lösung von Konflikten zwischen Sport und Naturschutz. Michael Pütsch vom Bundesamt für Naturschutz in Bonn berichtete über verschiedene Informationssysteme für Naturschutz und Natursport und insbesondere über das zentrale Informationsportal www.natursportinfo.de , das das Bundesamt seit vielen Jahren erfolgreich anbietet. Hier finden Sportler und Naturschützer vielfältige Informationen, Hilfestellungen und gute Beispiele für z.B. Lenkungsmaßnahmen.
Pütsch sieht ebenso wie Jutta Wiesemöller vom Landessportbund hervorragende Vernetzungsmöglichkeiten zwischen Sport und Naturschutz, etwa wenn es darum geht, sich über Naturbeobachtungen der Natursportler oder auch konkrete Naturschutzfragen auszutauschen.
Als sehr positive Entwicklung auf dem Gebiet des Natursports, mit vielen Chancen für die Umweltbildung, wurde von den Teilnehmern des Symposiums die Idee und Umsetzung des Abenteuerparks Kandel bewertet. Uwe Weibel vom Institut für Umweltstudien in Kandel berichtete darüber, wie dieser Park am Rande des Bienwaldes entstand und wie er naturverträglich betrieben wird. Mehr als 50.000 Menschen klettern dort jährlich durch die Baumkronen. Die Betreiber kooperieren mit der POLLICHIA mit dem Ziel, anknüpfend an dieses attraktive Natursportangebot, in Kandel ein passendes Umweltbildungsangebot zu verankern.
Ein weiterer Schwerpunkt beim diesjährigen Kuseler Symposium war der Flugsport. Dr. Wolfgang Scholze, Umwelt- und Naturreferent des Deutschen Aero-Clubs in Braunschweig, berichtete über die große Bedeutung von Flugplätzen für den Artenschutz. Beispielsweise sind Flugplätze mancherorts wichtige Brutgebiete für schutzwürdige Vögel wie Wachtelkönig und Wiesenweihe. Auch Scholze machte in seinem Vortrag deutlich, dass das erfolgreiche Miteinander von Natursport und Naturschutz immer dann gelingen kann, wenn die Akzeptanz für die Belange der jeweils anderen Seite groß ist. Allerdings wies Scholze auch darauf hin, dass in seltenen Fällen auch schon konstatiert werden musste, dass Naturschutz und Flugsport unvereinbar waren.
Im Falle des Segelfluggeländes im Naturschutzgebiet Ebenberg bei Landau ist dies allerdings keineswegs der Fall. In seinem abschließenden Vortrag über dieses einzigartige Schutzgebiet in Rheinland-Pfalz und die Auswirkungen des Segelsports auf die Natur kam Röller im Einvernehmen mit weiteren Experten verschiedener Tier- und Pflanzengruppen zu dem Ergebnis, dass sich das Segelfluggelände und die dortige Nutzung überwiegend mit den Naturschutzbemühungen verträgt. So sind sowohl die Naturschützer, der im Gebiet arbeitende Wanderschäfer und auch die Segelfluggemeinschaft vornehmlich an der Offenhaltung der Wiesen und Weiden interessiert. Gemeinsam mit dem behördlichen Naturschutz bemüht man sich darum, der bei zu geringer Weidenutzung um sich greifenden Verbuschung mit Weißdorn und Schlehenhecken entgegenzuwirken
Dr. Oliver Röller und Gisela König konnten von neuen überraschenden Erkenntnissen hinsichtlich der Pflanzen- und Tierwelt auf der Landebahn berichten: Anfang August kartierten Mitarbeiter der POLLICHIA auf der Landebahn einen Schmetterling, der seit über 50 Jahren in der Vorderpfalz als ausgestorben galt. Der kleine wendige Tagschmetterling mit dem Namen Mehrbrütiger Würfeldickkopffalter benötigt für die Eiablage und Raupenentwicklung niedrigwüchsige, stark der Sonne und der sommerlichen Hitze ausgesetzte Gras- und Krautbestände, in denen bestimmte Pflanzen aus der Gruppe der Fingerkräuter vorkommen. Die Schmetterlingsexperten waren sehr überrascht, als sie an zwei Tagen jeweils fünf Falter, alle ausschließlich im Bereich der Landebahn, entdeckten. Bei genauerem Studium des Lebensraumes und der Lebensraumansprüche dieser stark gefährdeten Art zeigte sich dann jedoch, dass es wohl die Kombination aus den Bodenverhältnissen, der Jahrzehnte währenden naturverträglichen Weidenutzung der Flächen und der Nutzung bzw. Pflege der Flächen durch die Segelsportler ist, die dem Schmetterling hier ideale Lebensbedingungen schaffen. Im Übrigen wurde auf der Landebahn generell eine wesentlich größere Artenvielfalt an Pflanzen und Insekten nachgewiesen, als der erste Eindruck vermuten ließ. Nach Aussage der Vogelkundler hat der Segelsport keine negative Auswirkung auf deren Brutvorkommen auf dem Ebenberg. Ein viel größeres Problem sind freilaufende Hunde, die Gelege von Bodenbrütern aufspüren und zerstören.
Das Beispiel Ebenberg zeigt, dass die Diskussion zwischen Natursportlern und Naturschützern dann gut zu führen ist, wenn solide Datenerfassungen und Auswertungen über Natur und Landschaft vorliegen. Dies wird in den meisten Fällen dazu führen, dass die Akzeptanz für den Naturschutz steigt. Auf dem Ebenberg gehen seit einigen Jahren Segelsportler und Naturkundler gemeinsam auf botanische Exkursionen, mit dem Ziel seltene und geschützte Pflanzen zu erfassen und für deren Schutz zu sorgen.
Weitere Infos: Die POLLICHIA veröffentlicht die Kurzfassungen der Vorträge des 5. Kuseler Symposium auf ihrer Internetseite unter www.pollichia.de